Fünf Aussagen über den Umgang mit Stakeholdern im Praxischeck: Ingo Leßmann ist Dozent der dapr-Weiterbildung Stakeholder Engagement sowie Senior Consultant und Team Lead bei SKM Consultants. Für den Beitrag in der Reihe „Finte oder Fakt?“ gibt er uns seine Einschätzungen zu unseren Behauptungen:
1. Den Dialog mit Anspruchsgruppen gab es eigentlich schon immer. Er kommt jetzt nur in neuem Gewand daher.
Ingo Leßmann: Fakt ist, dass der Stakeholder-Ansatz bereits in den 1980er-Jahren von R. Edward Freeman beschrieben wurde, der Begriff „Stakeholder“ ist sogar noch älter. Seitdem hat das dahinterliegende Management-Konzept jedoch nicht an Aktualität verloren. Im Gegenteil: Unternehmen stehen heute mehr denn je unter Beobachtung, müssen ihren gesellschaftlichen Nutzen nachweisen und für Akzeptanz von Veränderungen, Projekten oder Produkten werben. Stakeholder Engagement wird unter diesen Vorzeichen zum Zukunftswerkzeug.
2. Je professioneller das Stakeholder Engagement, desto höher die Akzeptanz des unternehmerischen Handelns.
Ingo Leßmann: Eher Finte. Es wäre schön, hätte diese Formel uneingeschränkte Gültigkeit. Die systematische Beteiligung relevanter Anspruchsgruppen ist jedoch kein Allheilmittel. Ein Geschäftsmodell, das Mensch, Umwelt und Natur ausbeutet und keinen oder kaum gesellschaftlichen Nutzen hat, bleibt ein schlechtes Geschäftsmodell. Richtig ist jedoch, dass die Pflege von Stakeholder-Beziehungen und die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen von Vorhaben Akzeptanz fördert.
3. Ein aktives Stakeholder Engagement heißt auch: Man kann es nicht jedem recht machen.
Ingo Leßmann: Eindeutig Fakt. Es gibt immer Gruppen oder Einzelpersonen, die sich konsequent gegen ein Vorhaben aussprechen. Diese wird man auch durch eine frühzeitige Beteiligung nicht überzeugen. Das ist aber auch nicht so schlimm, da der lauten Minderheit häufig eine schweigende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger gegenübersteht. Die Unentschlossenen so abzuholen, dass sie das Vorhaben tolerieren oder im besten Fall unterstützen, darauf kommt es an.
4. Stakeholder Engagement ist keine Einbahnstraße. Wenn Unternehmen ihren Stakeholdern wirklich zuhören, können sie auch von ihnen lernen.
Ingo Leßmann: Fakt. Verschiedene Anspruchsgruppen zu beteiligen, kann gezielt neue Perspektiven und Impulse ins Unternehmen holen. Im besten Fall entstehen durch den Austausch strategische Kooperationsprojekte oder Partnerschaften, die gemeinsam Lösungen entwickeln, Innovationen fördern und einen Mehrwert für beide Seiten schaffen. Im Rahmen von Infrastrukturprojekten gibt es immer wieder Vorschläge für Varianten oder wichtige Hinweise zu lokalen Gegebenheiten, die nicht nur Zeit und Geld sparen können, sondern im besten Fall auch die Akzeptanz des Vorhabens an sich erhöhen – ihre Umsetzung natürlich vorausgesetzt.
5. Die Identifikation und Analyse relevanter Stakeholder ist schwieriger, als man denkt.
Ingo Leßmann: Das kommt darauf an. Die wichtigsten Informationen und Quellen sind in der Regel online frei verfügbar. Dennoch nehmen Recherche, Systematisierung und Bewertung viel Zeit in Anspruch. Medienberichte, Websites von Gemeinden, Behörden, Vereinen und Bürgerinitiativen sowie Beiträge aus Social Media ergeben in der Regel ein taugliches erstes Lagebild. Diese Stakeholder Maps sind jedoch nicht statisch. Im Projektverlauf werden sie mit weiteren Informationen angereichert. Jedes Gespräch hilft, die erste Einschätzung zu verbessern.
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