„Die digitale Kommunikationsstrategie“

DAPR-Dozent-Ruisinger

Dominik Ruisinger ist sicherlich vielen unserer Blog-Leser persönlich bekannt: Sie haben ihn als Dozenten des Moduls „Online-Kommunikation“ der DAPR-Grundausbildung oder des Seminars zum „Social Media Manager“ erlebt. Seit zehn Jahren begleitet er die Entwicklungen der Kommununikationsbranche auch als Buchautor. Ende 2016 ist seine neue Publikation erschienen: „Die digitale Kommunikationsstrategie“.

Buchcover "Die digitale Kommunikationsstrategie" von Dominik RuisingerDAPR: Sie sagen „digital ist das neue online“. Wieso ist das so?

Dominik Ruisinger: Vor einigen Jahren haben wir noch klar zwischen „online“ und „mobil“ getrennt. „Online“ stand für alles, was mit Rechnern, Laptops etc. zu tun hatte, „mobil“ für jenes, was wir mit klassischen Mobiltelefonen verbunden hatten. Diese Trennung ist schon lange nicht mehr haltbar. Spätestens mit der – hoffentlich bald – durchgängigen Ubiquität von Internet, dem Siegeszug von Smartphones und dem immer stärkeren Aufkommen von Entwicklungen wie dem Internet der Dinge mit Wearables wird diese ehemalige Abgrenzung völlig obsolet sein und online zum Normalzustand werden, den wir nicht mehr erwähnen. Dies merken wir auch in der sprachlichen Entwicklung, wenn wir heute von Begriffen wie Digitalisierung, digitale Transformation, digitaler Gesellschaft, digitalen Indices oder Gaps und damit auch von digitaler Kommunikation sprechen.

DAPR: „Digitale Transformation“ ist in aller Munde, bleibt aber oft sehr abstrakt und somit nicht wirklich greifbar. Können Sie mal an einem konkreten Beispiel erklären, was dies für ein Unternehmen bedeutet?

Dominik Ruisinger: Digitale Transformation wird derzeit – leider – häufig  mit digitalen Kommunikationskanälen und insbesondere mit Social Media gleichgesetzt. Da erklären Unternehmenschefs, dass sie die digitale Transformation bereits eingeläutet haben, weil sie ihre Mitarbeiter mit iPads ausgestattet haben oder Facebook bespielen. Dies ist schön und gut – aber erst die weitere Stufe einer digitalen Transformation. Digitale Transformation beginnt vielmehr ganz oben: In den Köpfen der Chefebenen, die sich an die Spitze der Entwicklung setzen müssen, und insbesondere in den Köpfen ihrer Mitarbeiter. Sie müssen sich beispielsweise bewusst werden, dass für eine Transformation viele Content-Silos eingerissen werden müssen, oft lieb gewonnene Kompetenzbereiche aufgegeben und stattdessen Inhalte und Verantwortungen mit anderen geteilt werden müssen. Für solch eine immer stärkere Demokratisierung innerhalb von Unternehmen hat das Social Web mit dem Begriff des Social Sharings, des Teilen von Inhalten und Kompetenzen, den Weg geebnet. Digitale Transformation ist damit, wie ich im Buch schreibe, ein sehr umfangreicher Change-Prozess auf Führungsebene wie auch ein Kulturwandel im Inneren, der weit über einzelne Produkte, Plattformen oder Kommunikationskanäle hinausgeht.

DAPR: Und welche Rolle können und sollten dabei Kommunikatoren konkret spielen?

Dominik Ruisinger: Die Mehrzahl der Organisationen steht bei der digitalen Kommunikation insbesondere intern vor großen Herausforderungen und gewaltigen Umwälzungen. Und dies gleich in mehrerlei Hinsicht, wie ich bereits angedeutet habe. Innerhalb dieses Prozesses haben Kommunikatoren die Chance, sich mit an die Spitze solch einer Entwicklung zu setzen und den Veränderungsprozess mitzugestalten und kommunikativ zu begleiten. Dies betrifft, wenn ich an den alten PR-Grundsatz von Edward L. Bernays „PR begins at home“ denke, gerade in der internen Kommunikation: Wenn es nicht gelingt, die Mitarbeiter bei dieser digitalen Transformation mitzunehmen, wird sie kaum gelingen können.

DAPR: Sie schreiben vom „Strategie-Rezept“. Welche Zutaten sind entscheidend, um eine nachhaltige digitale Strategie zu entwickeln?

Dominik Ruisinger: Dies hängt natürlich immer eng mit der eigenen Organisation und den zur Verfügung stehenden Ressourcen zusammen. Wie bei jeder klassischen Kommunikationsstrategie geht es um die notwendigen Zutaten wie Analyse, Ziele und Zielgruppen, Positionierung, Content-Strategie sowie um die Evaluation. So wird es ja auch bei den Strategie- und Konzeptionsseminaren bei der DAPR gelehrt. In der digitalen Welt sollten Unternehmen und Institutionen besonderes Augenmerk auf eine immer wichtigere wie aufwändigere Analyse als zentralen Ausgangspunkt legen, auf eine viel detailliertere Bestimmung der Stakeholder – wobei ich ein großer Freund von Personas bin – und auf eine Denke von den Geschichten und nicht von Plattformen aus im Rahmen der Content-Strategie. Hier – und dies ist eine meiner Beobachtungen – sehe ich immer noch einiges an Nachholbedarf.

DAPR: Was passiert, wenn ein Unternehmen keine solche Strategie für sich entwickelt?

Dominik Ruisinger: Jede Organisation muss natürlich für sich selbst entscheiden, wie dringend sie eine Strategie benötigt. Ich gebe aber zu bedenken, dass eine Strategie gerade im digitalen Zeitalter die Richtung vorgibt, selbst wenn der Begriff der Langfristigkeit von Strategien in Zeiten einer solch dynamischen Entwicklung schwer zu definieren ist. An ihr haben sich alle Maßnahmen, alle Mitarbeiter-Aktivitäten, die Influencer Relations, generell die Inhalte und die gewählten Plattformen auszurichten, natürlich – und das ist wesentlich – angedockt und gemessen an der Unternehmensstrategie. Ansonsten kann es passieren, dass die Kommunikation und das Unternehmen in unterschiedliche Richtungen laufen. Und so sollte das Abenteuer Digitale Kommunikation bitte nicht enden.

Übersicht

Kommentare

  1. Lea sagt:

    Vielen Dank für den interessanten Artikel!
    Besonders die sich auflösende Unterscheidung zwischen online und mobil ist ein Gesichtspunkt, den man erst einmal verinnerlichen muss, bevor man seine Kommunikationsstrategie erstellen kann.

  2. Dominik sagt:

    @Lea.
    Danke für den passenden Kommentar. Denn das ist richtig: Die Trennung zwischen online und mobil können wir definitiv zu den Akten legen. Wenn wir bedenken, dass bereits heute bei uns in D. knapp 50 Prozent aller Webseiten-Zugriffe von mobilen Endgeräten kommen, im Social Media Bereich ist dies noch höher – un dies jeweils mit einer Tendenz klar nach oben –, wird die Zukunft vor allem mobil sein. Und das ist keine Vorhersage sondern eine Tatsache. Schade ist nur, dass viele die bis heute nicht verstanden haben ;-(.


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