„Krisen professionell aufarbeiten: Auswege aus dem Reputationsverlust“ – das ist der Titel der Lehrveranstaltung, die Marc Cyrus Vogel in dieser Woche in unserem Master-Lehrgang erstmalig gehalten hat. In unserer Reihe „Dozenten im Porträt“ stellt er sich und seine Spezialgebiete im Interview vor:
DAPR: Herr Vogel, ein Blick in Ihren Lebenslauf offenbart eine absolut gradlinige PR-Karriere: geistes- und sozialwissenschaftliches Hochschulstudium, PR-Volontariat, danach verschiedene Führungspositionen bei internationalen Unternehmen und schließlich Partner bei einer renommierten PR-Agentur. Das wirkt sehr zielstrebig. War die PR schon immer Ihr Traumberuf?
Marc Cyrus Vogel: Eigentlich nicht. Ursprünglich wollte ich mal Journalist werden, bin aber dann über verschiedene Praktika bei PR-Agenturen und der Pressestelle der damaligen BASF Lacke und Farben AG auf den Geschmack gekommen.
DAPR: Mit Ihrer Selbstständigkeit vor viereinhalb Jahren haben Sie sich dann auf einige PR-Arbeitsfelder spezialisiert – besonders interessant ist die Infrastrukturkommunikation, die man salopp als „Umgang mit dem Wutbürger“ bezeichnen könnte. Der Begriff „Wutbürger“ kam ja 2010 im Kontext von Stuttgart 21 auf und wurde später zum Wort des Jahres gewählt. Ist Infrastrukturkommunikation immer gleichzeitig Krisenkommunikation?
Marc Cyrus Vogel: Die Infrastrukturkommunikation ist ja noch eine relativ junge Disziplin, die sicherlich ihre Wurzeln in der Krisenkommunikation hat. Mein erstes großes Infrastrukturprojekt war 1996 als Leiter der Unternehmenskommunikation der Wintershall AG der Bau einer Erdgasfernleitung quer durch das dichtbesiedelte Nordrhein-Westfalen. Wir haben schon damals stark auf den Dialog mit den Betroffenen gesetzt, was für die damalige Zeit eher ungewöhnlich war. Für viele Unternehmen ist es bis heute ein Lernprozess, dass Bürger und Anwohner für vernünftige Informationen und Sachargumente zugänglich sind. Mittlerweile ist das Thema Infrastrukturkommunikation bei den meisten Großkonzernen integraler Bestandteil der Projektplanung. Bei mittelständischen Unternehmen oder kleineren Kommunen sehe ich dagegen diesbezüglich noch Nachholbedarf.
DAPR: Nicht jeder PR-Schaffende wird im Laufe seiner Karriere mit Krisen zu tun haben, allerdings scheinen Unternehmen heutzutage schneller in eine Krise zu geraten als zu Zeiten, in denen der Medienkonsum sich auf drei Fernsehprogramme und die Tageszeitung beschränkte. Muss heute jeder Kommunikator auf Krisen vorbereitet und entsprechend geschult sein?
Marc Cyrus Vogel: Aus meiner Sicht ja. In unserer komplexer werdenden Welt nehmen gesellschaftliche Konflikte zu. Kommunikationsverantwortliche, die sich nicht mit dem professionellen Umgang mit Krisen und Veränderungen auskennen, stoßen dann schnell an Grenzen.
DAPR: Wie vermitteln Sie an Ihrem Lehrtag das Thema Krisenkommunikation?
Marc Cyrus Vogel: Neben handwerklichen Dingen, die auch viel mit jahrzehntelanger Erfahrung im Bereich Krisen-Management zu tun haben, versuche ich den Studenten auch eine gewisse Grundhaltung zu vermitteln. Soll heißen: Eine Krise beinhaltet immer auch die Chance, gestärkt aus ihr hervorzugehen. Entscheidend für erfolgreiche Krisen-PR ist aus meiner Sicht, dass Kommunikationsverantwortliche der Krise den Beigeschmack der Katastrophe nehmen. Zum anderen halte ich eine sorgfältige Stakeholderanalyse bei dem Thema Krisenkommunikation für ganz entscheidend. Bei jeder Veränderung und/oder Krise gibt es Verlierer aber auch mögliche Verbündete. Die Kunst besteht darin, Befürworter zu identifizieren und zu nutzen, Besorgte zu informieren, für Betroffene Ausgleiche zu schaffen und so genannte Blockierer zu isolieren.
DAPR: Woran arbeiten Sie momentan, wenn Sie nicht gerade eine Lehrveranstaltung halten?
Marc Cyrus Vogel: Ich berate Unternehmen, Verbände, aber auch mehr und mehr Führungskräfte im Umgang mit schwierigen Kommunikationssituationen. Das können klassische Krisen sein, Veränderungsprozesse oder eben Infrastrukturmaßnahmen.
DAPR: Herr Vogel, wir danken Ihnen für das Gespräch!
Vita: Marc Cyrus Vogel (53) ist nach einem Studium der Geschichte, Publizistik und Politikwissenschaften als Volontär bei BASF in seine PR-Karriere gestartet. Als Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bzw. Kommunikation arbeitete er bei der BASF, Degussa-Hüls und Zeiss bevor er auf die Agenturseite wechselte und Partner bei ergo Kommunikation (heute Edelman.ergo) wurde. Seit 2011 ist er als selbstständiger Kommunikationsberater tätig.
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